Meine provisorische Frühpension

Fragen meiner Mitmenschen wie «Was machst du denn da so lange?» oder «Gehst du Reisen?» überraschten mich nicht. Meine Antwort, dass ich weder gross herumreisen möchte und noch nicht wisse, was ich da machen werde, stellte meinem Gegenüber oftmals noch mehr Fragezeichen ins Gesicht. In Gedanken fügte ich hinzu, dass ich des Reisens müde bin – ich möchte lieber ankommen. Ich würde das machen, um mal nicht arbeiten zu müssen, erwiderte ich auf die beliebte Frage, ob ich da einen Job suchen werde. Keine befriedigende Antwort, doch die meisten liessen es dabei bewenden. Die ganz Neugierigen konnten sich dann allerdings die Frage, wie ich mir das leisten könne, nicht verkneifen. Zusammen mit meinem Traum habe ich mir Geld auf die Seite gelegt. Für die guten Zeiten, wenn ich bereit bin, meinen Traum zu leben.

 

Um nicht als faul dazustehen, begann ich mich dann doch oft noch genauer zu erklären. Schreiben wolle ich, vielleicht «as bizali» von dort für die Heimat arbeiten und viele Ideen für Projekte habe ich im Kopf. Langweilig würde es mir bestimmt nicht werden, versicherte ich. Verständnisvolles Nicken war die Antwort darauf. Jedoch richtig verstanden haben es nur wenige. Deshalb machte ich mir nur selten die Mühe zu erklären, dass mein einziger Plan ist, keinen Plan zu haben. Dass ich NICHT wissen wolle, was auf mich zukomme, wie ich mir meine Zeit vertreibe oder was mich erwarte. Und so irritierte ich manche(n) damit, dass ich an einen neuen Ort ziehe, um da über Monate zu leben und weder gedenke zu reisen noch plane dort Arbeit zu suchen. «Ja was, um Himmels willen, machst du denn da acht Monate lang?», ist die oftmals gedachte, selten gestellte Frage.

 

Ein Rentner wird auch nicht gefragt, wie er seine Zeit totschlägt (wortwörtlich), denke ich mir. Weder Rentner noch mich sehe ich als faule Menschen. Sondern viel mehr als welche, die erkannt haben, was im Leben kostbar ist. Und so investiere ich in das Wertvollste was ich besitze – Zeit – und gönne mir eine provisorische Frühpension im Norden Kanadas. 

Fabia Meyer · hello@fabia.me